Pornografie
Österreichische Kinder und Jugendliche sind im europäischen Vergleich der EU Kids Online Studie2 häufiger durch die leichtere Verfügbarkeit von pornografischen Darstellungen betroffen. 28% (im Vergleich zu 10% in Deutschland) haben in den letzten 12 Monaten in den Medien Bilder mit sexuellen bzw. pornografischen Inhalten gesehen. Von 30% der Betroffenen wurde das als unangenehm empfunden.
Eine Studie des Instituts für Sexualpädagogik3 hat festgestellt, dass 50% der Burschen und 10% der Mädchen ihr sexuelles Wissen aus Pornofilmen beziehen. Mehr als 50% der Burschen und immerhin 10% der Mädchen erachten pornografische Darstellungen als ernstzunehmende Informationsquelle. Aus Österreich gibt es dazu noch keine aktuellere Studie. Befragungen aus Deutschland zeigen, dass der Anteil der Mädchen etwas angestiegen sein dürfte (16%), wohingegen die Burschen nach wie vor bei etwa 50 % liegen.
Das ist vor allem deshalb problematisch, da Pornofilme nur sehr wenig mit real gelebter Sexualität zu tun haben. Es werden Fantasien nach einem Drehbuch, von DarstellerInnen, unter Zuhilfenahme von kameratechnischen Tricks abgebildet. Das ist in unserer erwachsenen Welt bekannt, allerdings fehlen Jugendlichen oft derartige Informationen. Sie können dann die konsumierten pornografischen Inhalte nicht richtig einordnen. Da viele Jugendliche derartige Clips sehen, verfestigen sich falsche Informationen häufig durch ihre Bestätigung in der Peergruppe.
Selbst wer nicht bewusst danach sucht, kann sehr leicht mit Pornografie konfrontiert werden. Dafür sorgen etwa Spam, Emails, Links, Werbebanner oder auch Angebote, die im ersten Moment gar keinen sexuellen Bezug haben.
Erste Studien, wie etwa die Interview-Studie „Jugendsexualität im Internetzeitalter“ rund um Silja Matthiesen4, führten zu dem Ergebnis, dass das Konsumieren von pornografischen Inhalten im Jugendalter meist keine negativen Auswirkungen hat. Der Konsum führt nicht zu einer Sucht, nicht zu einer Verrohung oder einer Unfähigkeit zu langfristigen und stabilen Partnerschaften. Internet-Pornografie scheint viel mehr frühere Masturbationsvorlagen abzulösen.
Aktuellere Studien zeigen durchaus negative Effekte. So zeigen Martellozzo, E. et al.5 auf, dass das wiederholte Ansehen von Online-Pornografie zu einer Desensibilisierung unter Jugendlichen führe. Sie empfinden sie als weniger negativ bzw. abstoßend. Deutlich wird in dieser Befragung, dass sich Jugendliche eine Aufklärung über Pornos wünschen. Die Studie zeigt darüber hinaus, dass 42 % der 12-16 Jährigen das Gesehene selbst nachmachen möchten. 53 % der Burschen und 39 % der Mädchen halten die Darstellungen auch für realistisch.
Zudem scheint auch das Alter des Erstkontaktes mit pornografischen Inhalten einen Einfluss auf maskuline Normen zu haben. Je jünger die StudienteilnehmerInnen beim Erstkontakt waren, umso eher wollten sie als Mann Macht über Frauen ausüben. Dabei hatte die Art des Erstkontaktes, also ob selbst aktiv nach einem Porno gesucht wurde oder man per Zufall darauf gestoßen ist, keine Auswirkung6.
Definitiv ist bei Jugendlichen ein Druck zu spüren, all das Gesehene auch im Sinne einer erwachsenen Sexualität selbst ausführen zu „müssen“. Das kann durch eine wirklichkeitsgenerierende Wirkung pornografischer Inhalte bei fehlender eigener Erfahrung erklärt werden. ExpertInnen sind sich einig, dass Verbote nicht zielführend und auch unrealistisch sind. Viel eher geht es darum, Jugendlichen ein Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen, mit dem sie pornografische Inhalte selbst interpretieren können.
Das Projekt SeXtalks 2.0 orientiert sich bei der Vermittlung einer Porno-Kompetenz am 3 Ebenen x 5 Komponenten-Modell der Pornografie-Kompetenz von Nicola Döring7.