Tipps für Bezugspersonen

Wie Sie Kinder und Jugendliche im Bereich Sexualität & digitale Medien stützen können …

Sexualaufklärung
Mit Beginn der Pubertät bleibt nichts mehr wie es einmal war. Diese herausfordernde Zeit der Veränderung vom Kind zum Erwachsenen wird bedingt durch entwicklungsphysiologische Vorgänge. Der Körper verändert sich, aber auch soziale und psychologische Unsicherheiten entstehen. Entwicklungsaufgabe in diesem Lebensabschnitt ist der Aufbau einer eigenen Identität. Es handelt sich um eine Lebensphase, die von neuen Erfahrungen geprägt ist: Die ersten partnerschaftlichen Liebesgefühle, die Auseinandersetzung mit der eigenen geschlechtlichen Orientierung, die ersten unsicheren Erfahrungen mit Sexualität. All dies wirft für die Jugendlichen viele Fragen auf, die sie zu beantworten suchen.

Je unaufgeklärter die Heranwachsenden in dieser Phase sind und je weniger realitätsnahe Informationen sie über Sexualität haben, um so mehr sind sie allein von Informationen aus der Peergruppe und den Medien abhängig. In diesem Alter wird kaum mehr mit den Eltern über derartige Themen gesprochen. Der beste Schutz ist deshalb eine von Kleinkind an begleitende, präventive Aufklärung.

Wie dies gelingen kann, ohne zu überfordern, können Sie z.B. im Elternratgeber von 147 Rat auf Draht „Wenn Sex zum Thema wird“ nachlesen.

Buch-Tipp

  • Wie dies gelingen kann, ohne zu überfordern, können Sie z.B. im Elternratgeber von 147 Rat auf Draht „Wenn Sex zum Thema wird“ nachlesen.

Sexualaufklärung und digitale Medien
Das Internet ist aus dem Alltag der Heranwachsenden nicht mehr wegzudenken. Die sexuelle Entwicklung findet somit heute unter anderen Bedingungen und Möglichkeiten statt, als noch vor einigen Jahren, mit neuen Chancen und Risiken.

Auch Sie als Elternteil oder Bezugsperson können sich die digitalen Medien zu Hilfe nehmen, wenn sie mit einem Kind oder Jugendlichen über Sexualität sprechen möchten. Wie auch in allen anderen Bereichen, beispielsweise der Verkehrserziehung oder dem Umgang mit Süßigkeiten, brauchen Kinder und Jugendliche ebenfalls eine Anleitung, wie sie das Internet sicher nutzen können.

Die Herausforderung besteht darin, Kindern mit den möglichen Risiken vertraut zu machen, ihnen einen sicheren Umgang zu vermitteln und ihnen Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Tipp

  • Sprechen Sie mögliche Risiken direkt an, verweisen sie auf vertrauenswürdige Seiten und vereinbaren Sie gemeinsam Regeln.

Pornografie
Die klassische Sexualaufklärung zielt hauptsächlich auf das biologische, technische Wissen ab. Wie „es“ aber wirklich geht, wird dabei nicht besprochen. Genau diese Frage versuchen sich Jugendliche dann über andere Informationsquellen zu beantworten. Pornografische Darstellungen bieten dann vermeintlich genau die Antworten, nach denen sie suchen und das noch dazu in bewegten Bildern.

Je mehr Wissen Jugendliche über reale Sexualität haben, je mehr Informationen sie zu Darstellungen in den Medien erhalten und je positiver der Zugang zu ihrem eigenen Körper ist, umso besser können Jugendliche pornografische Darstellungen richtig einschätzen.

Tipp

  • → Vermitteln Sie, dass Pornos keine Aufklärungsfilme sind und nur wenig bis gar nichts mit Sexualität in der Realität zu tun haben. Es gilt hier nicht zu moralisieren, sondern zu informieren. Besonders sachliche Unterschiede sind für Jugendliche dabei glaubwürdig.
  • → Fehlen diese Informationen, besteht die Gefahr, dass Jugendliche völlig falsche Vorstellungen von einer erfüllten Sexualität entwickeln und hinsichtlich ihres eigenen Körpers verunsichert werden bzw. in ihren eigenen sexuellen Leistungen unter Druck geraten.
  • → Ein sexualpädagogisches Video für Jugendliche, das Pornografie altersgemäß thematisiert, finden Sie z.B. in der Episode 3 bei Sex, we can?!

Cyber-Grooming
Gerade während der Pubertät, wenn Jugendliche eine eigene Identität ausbilden, ist es für sie sehr reizvoll, sich im Internet, etwa in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram, darzustellen. Sie können sich dort so präsentieren, wie sie gerne gesehen werden möchten.

Um in der Fülle von Profilen aufzufallen, zeigen sich Heranwachsende immer auffälliger, z.B. betont sexy und freizügig erotisch. Beeinflusst wird das auch durch die Darstellungsweise von Männern und Frauen in den Medien. Das birgt die Gefahr, dass Personen angelockt werden, die versuchen, über das Internet Kontakt zu Jugendlichen aufzubauen, etwa mit dem Ziel der sexuellen Belästigung. Der Fachausdruck dazu lautet Cyber-Grooming. Cyber-Grooming ist seit 1. Jänner 2012 auch strafbar.

Ein netter Zugang zu dem Thema ist z.B. das Video “Und mit wem chattest du?

Tipp

  • → Informieren Sie Ihren Nachwuchs, wie man die Privatsphäre in sozialen Netzwerken schützen kann, damit möglichst nur Freunde, die Informationen sehen können.
  • → Bestehen Sie auf bestimme Konto- und Privatsphäre Einstellungen im jeweiligen sozialen Netzwerk.
  • → Besprechen Sie, dass es ganz einfach ist, sich im Internet als jemand anderes auszugeben. Vermitteln Sie Ihrem Kind ein Grundmisstrauen, Personen gegenüber, die es nur aus dem Internet kennt. Informieren Sie auch, dass Fotos die verschickt werden, auch gefälscht sein können.
  • → Vereinbaren Sie, dass niemals persönliche Daten wie Telefonnummer, Adresse, Urlaubsort, Schulanschrift, also alles, was einen mit dem realen Leben in Verbindung bringt, im Internet bekannt gegeben werden darf!
  • → Verbieten Sie Treffen nicht generell, sonst werden sie häufig heimlich organisiert, ohne jeglichen Schutzmechanismus! Will Ihr Kind eine Internetbekanntschaft kennenlernen, dann zuerst immer ohne Bekanntgabe persönlicher Daten! Vereinbaren Sie, dass das Treffen dann stattfinden darf, wenn es an einem öffentlichen Ort stattfindet, an dem auch viele andere Personen sind, wie z.B. in einem Café oder in einem großen Kinokomplex. Geben Sie weiters vor, dass sich Ihr Kind nach einer vorgegebenen Zeit meldet, um Bescheid zu geben, ob alles in Ordnung ist.
  • → Besprechen Sie konkret, was man im Internet machen kann, wenn einem z.B. jemand unangenehme Fragen stellt oder Fotos schickt, die man nicht haben möchte. Also z.B. die Person auf der Seite melden und blockieren.

Sexting
Sexting setzt sich aus „Sex“ und „Texting“ (engl.: eine SMS senden) zusammen. Damit ist das Versenden erotischer Fotos bzw. Nacktaufnahmen und Videos von sich selbst per Smartphone gemeint. Studien zeigen, dass rund 15-20% freizügige Fotos von sich verschicken, 80% tun dies nicht.

Jugendlichen ist oft nicht bewusst, dass sie nach dem Versenden keinerlei Kontrolle mehr darüber haben, wo diese Fotos landen. Oft werden solche Fotos auch als Liebes- oder Freundschaftsbeweis verschickt. Freizügige Fotos können Teil eines selbstbestimmten Sexual- und Beziehungslebens sein. Nach einem Streit oder einer Trennung, werden sie gelegentlich im Internet veröffentlicht, an die ganze Clique bzw. Schule verschickt oder auch als Erpressung verwendet: „Wenn du dich von mir trennst, lade ich deine Fotos in unsere WhatsApp Gruppe.“

Oft tauchen derartige Fotos auch noch Jahre später im Internet wieder auf. Darüber hinaus kann das Verbreiten und Veröffentlichen pornografischer Fotos von Minderjährigen illegal sein und rechtliche Konsequenzen haben (§ 207a StGB – Pornografische Darstellungen Minderjähriger).

Tipp

  • → Verbote sind nicht hilfreich. Unterstützen Sie Ihr Kind stattdessen dabei, zu überdenken, welche Informationen und Fotos es aus der Hand gibt. Regen Sie zum Nachdenken an, was danach damit passieren kann.
  • → Vereinbaren Sie vor allem mit Jüngeren klare Regeln, welche Fotos weitergeschickt bzw. veröffentlicht werden dürfen und welche nicht. Als Faustregel gilt: nur Fotos veröffentlichen, die auch in der Schule oder im Bekanntenkreis die Runde machen könnten.

Was, wenn doch etwas passiert

  • Wenn sich ein Heranwachsender nach einer unangenehmen Erfahrung im Netz vertrauensvoll an Sie wendet, dann loben Sie ihn dafür, dass er sich Hilfe holt.
  • Überlegen Sie gemeinsam, was weiter geschehen (z.B. den User im sozialen Netzwerk melden und sperren) und wie man sich in Zukunft besser schützen kann. Scheuen Sie sich nicht nachzufragen, etwa bei einer Beratungsstelle, falls sie nicht genau wissen, was zu tun ist.
  • Machen Sie keine Vorwürfe (“Ich habe dir ja gleich gesagt, dass so etwas passiert.”), denn dadurch scheiden Sie als AnsprechpartnerIn in Zukunft aus.